Die Hoffnung, mit einem einfachen Wechsel vom üblichen Brot auf speziell angereichertes Haferbrot die Blutzuckerwerte zu verbessern, erhält einen Dämpfer. Ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung von Prof. Dr. Anette Buyken und ihrer Arbeitsgruppe „Public Health Nutrition“ an der Universität Paderborn zeigt: Der Tausch des täglichen Brots allein reicht nicht aus, um die Blutzuckereinstellung bei Menschen mit erhöhtem Risiko für Typ-2-Diabetes nachhaltig zu verbessern. Die Studienergebnisse wurden jetzt im „American Journal of Clinical Nutrition“ veröffentlicht.
Beta-Glukan: Bewährter Ballaststoff mit „Health Claim“
Die Auswirkung von Lebensmitteln auf den Blutzuckerspiegel wird durch den sogenannten glykämischen Index (GI) angegeben. Der GI beschreibt, wie stark die Kohlenhydrate eines Lebensmittels den Blutzucker ansteigen lassen. Im Rahmen der „CarbHealth“-Studie wurde in Norwegen ein besonderes Brot entwickelt, das einen vergleichsweise niedrigen GI hat – also den Blutzucker weniger stark erhöht als herkömmliches Brot.
Das Besondere an diesem Brot: Es wurde zusätzlich mit Beta-Glukanen angereichert. Prof. Buyken erklärt: „Beta-Glukane kommen natürlicherweise in Hafer und Gerste vor und haben nachweislich günstige Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel, den Cholesterinhaushalt und das Körpergewicht. Aufgrund dieser Effekte hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit erlaubt, dass Produkte mit Beta-Glukanen einen sogenannten ‚Health Claim‘ tragen dürfen, der auf ihre wissenschaftlich belegte gesundheitliche Wirkung hinweist.“ Das in der Studie verwendete Brot wurde speziell vom Forschungsinstitut „Nofima“ in Norwegen entwickelt und ist das erste seiner Art, das die erforderliche Menge an Beta-Glukanen für einen solchen „Health Claim“ enthält.
Realitätsnahe Ernährungsstudie mit überraschenden Ergebnissen
An der „CarbHealth“-Studie nahmen rund 200 Erwachsene aus Deutschland (Paderborn und Leipzig), Norwegen und Schweden teil. Über 16 Wochen ersetzten sie ihr gewohntes Brot durch das speziell entwickelte Haferbrot mit Beta-Glukanen oder ein ebenfalls für die Studie entwickeltes Vollkornbrot. Ziel war es, alltagsnah zu überprüfen, wie sich diese Ernährungsumstellung auf den langfristigen Blutzuckerspiegel und andere Gesundheitswerte wie Cholesterin- oder Insulinspiegel auswirkt.
Während frühere kontrollierte Studien positive Auswirkungen von Beta-Glukan belegen, lassen sich diese unter Alltagsbedingungen nicht ohne Weiteres nachweisen. „Natürlich sind kleinere Änderungen wie der Griff zu ballaststoffreicherem Brot grundsätzlich sinnvoll. Doch unsere Studie zeigt, dass ein einzelnes Lebensmittel – selbst wenn es nachweislich gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe wie Beta-Glukan enthält – keine großen Effekte auf den langfristigen Blutzucker hat“, resümiert Prof. Buyken. „Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig eine vollständig ausgewogene Ernährung ist. Es kommt darauf an, das Gesamtpaket und die Lebensumstände in den Blick zu nehmen – etwa, wie leicht Menschen Zugang zu gesunden Lebensmitteln haben.“
Die Studie ist in Zusammenarbeit mit Forschenden der Universität Bergen (Norwegen, Konsortialleitung), des Forschungsinstituts „Nofima“ (Norwegen), der Chalmers University of Technology in Göteborg (Schweden) sowie der Universität Leipzig entstanden. Das Verbundprojekt wurde im Rahmen der Initiative „A Healthy Diet for a Healthy Life” des europäischen Forschungsnetzwerks „Interrelation of the Intestinal Microbiome, Diet and Health" mit insgesamt 1,6 Millionen Euro durch die Europäische Union gefördert. Die Fördergelder für die deutschen Kooperationspartner*innen stammen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).