Ein Blick in die Bewegungs-, Spiel- und Sportwelt der heute aufwachsenden Kinder verrät, dass längst nicht mehr alle Heranwachsenden ihre Freizeit für sportliche Aktivitäten nutzen und zum Toben und Spielen mit Freunden nach draußen gehen. Der veränderte Schulalltag mit der Tendenz zur Nachmittagsbetreuung stellt Schülerinnen, Schüler und Institutionen vor neue Herausforderungen.
Auf der anderen Seite bietet die offene Ganztagsschule aber auch Zeit, Raum und Gelegenheit, durch eine kindgemäße und bewegungsorientierte Gestaltung des Nachmittagsangebots auf ein mögliches Bewegungsdefizit der Kinder zu reagieren und gesundheitlichen Konsequenzen vorzubeugen. Dies hat die Sportwissenschaftlerin Jun.-Prof. Dr. Miriam Kehne von der Universität Paderborn dazu bewogen, das Phänomen „Kindliche Bewegungsarmut“ genau unter die Lupe zu nehmen. Gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin Nicole Satzinger hat sie 2014 das Projekt „PaSS-Pause aktiv: Von Studierenden für Schüler“ aus der Taufe gehoben.
Im Kern geht es darum, dass Sportstudierende Grundschulkindern zum Beginn des Unterrichts oder am Ende des Schulvormittags Bewegungsaktivitäten vermitteln. „Das Ganze geschieht niederschwellig und spielerisch, denn wir wollen den Spaß an der Bewegung vermitteln“, sagt Miriam Kehne, die an der Uni Paderborn im Department Sport und Gesundheit die AG Didaktik des Sports leitet.
Vor knapp zwei Jahren hat sie mit ihren Kolleginnen die PaSS-Idee an die Schulen herangetragen. Die Resonanz war überwältigend: „Wir haben das Projekt im Zeitraum 2014/15 an 15 von 21 Grundschulen in der Stadt Paderborn durchgeführt“, sagt Nicole Satzinger. „In 35 Kleingruppen waren 140 Studierende beteiligt und in den freien Mittagszeiten wurden 450 Bewegungspausen organisiert.“ Im Schnitt haben die Studierenden pro Woche 500 Kinder erreicht und aktiviert.
Ein Vorteil des Projektes ist es, dass sowohl die Kinder davon profitieren als auch die Studierenden. Denn Letztere sammeln wichtige Praxiserfahrungen für ihren späteren Beruf.
Auch auf die Nachhaltigkeit hat Miriam Kehne bei der Projektplanung Wert gelegt: „Wir haben die OGS-Kräfte, das Lehrpersonal und Gruppenhelfer als wichtige Multiplikatoren fortgebildet.“
Im nächsten Schritt haben die Wissenschaftlerinnen in diesem Semester die Bewegungseinheiten vom Nachmittag auf den Vormittag verlegt. „Wir untersuchen, ob die Bewegung vor dem Unterricht sich positiv auf die Aufmerksamkeit der Schüler auswirkt“, sagt Nicole Satzinger. Erste Rückmeldungen seitens der Lehrerschaft legen dies nah.
Mit dem Ende der Vorlesungszeit im Februar endete zunächst die Praxisphase. Nun werden an der Universität die Ergebnisse ausgewertet, um anschließend eine belegbare Empfehlung aussprechen zu können.
Dass das Thema preiswürdig ist, zeigen zwei Auszeichnungen. Das Konzept des PaSS-Projektes erhielt bisher den Preis des OWL-Stiftungsfonds und den Lehrpreis der Universität Paderborn. Die Stiftung Westfalen hat von Beginn an das Projekt gefördert. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit ist das Projekt in der Initiative „Wir bewegen alle Kinder“ im Kreis Paderborn verankert. Der starke Rückenwind macht den Initiatorinnen Mut und lässt sie erste Empfehlungen formulieren. Aus Sicht der Wissenschaftlerinnen wäre es optimal, mehrere Bewegungspausen pro Tag in den schulischen Tagesablauf zu integrieren: Mit dem Pass-Projekt sind schon einmal zwei Bewegungseinheiten am Tag gesichert: eine am Vormittag und eine am Mittag. „Wir sind der Meinung, dass die Paderborner Schulen fit für Doppel-PaSS sind“, sagt Miriam Kehne.
Text/Foto: Heiko Appelbaum