Neu­ro­phy­sio­lo­gi­sche Leis­tungs­dia­gno­s­tik

Programmleitung:
Prof. Dr. Dr. C. Reinsberger

Task Force:
Dr. Rasmus Jakobsmeyer

Der Fokus des Programms liegt auf einer DER großen Herausforderungen sportmedizinischer Betreuung im (Leistungs-) Sport: Vermeidung insuffizienter Regeneration.

Immanentes Ziel sportmedizinischer Trainingsbegleitung ist neben der Gesunderhaltung der Sportlerinnen und Sportler die Optimierung sportlicher Leistung, die als das Wirkresultat aus Belastung, Beanspruchung und Regeneration verstanden wird. Größte Herausforderung dieses Abhängigkeitsverhältnisses ist vor allem im Spitzensport die Vermeidung „insuffizienter Regeneration“, da Fehl-Adaptionen, akute Krankheiten oder Verletzungen sowie Übertrainingszustände resultieren können. Im Spitzensport wird der Trainings- und Belastungssteuerung ein hoher Stellenwert beigemessen. Eine systematische, zielgerichtete Regenerationssteuerung sowie die Evaluation dieser werden dagegen zu häufig vernachlässigt.

Ziel unserer Forschung ist die Rolle des Nervensystems im Kontext von Beanspruchung und Regeneration zu verstehen, um durch ein gesundes und leistungsentwickelndes Beanspruchungsmanagement „insuffiziente Regeneration“ zu vermeiden.

Forschungsansatz:

Das zentrale Nervensystem als übergeordnete „Kontrollinstanz“ innerer physiologischer Prozesse steuert im Allgemeinen regulative Vorgänge der Regeneration. Messungen der differenzierten Aktivität von Erregung (Sympathikus) und Hemmung (Parasympathikus) im autonomen Nervensystem (ANS) generieren im Speziellen neurophysiologische Informationen, die den Beanspruchungszustand der Sportlerinnen und Sportler charakterisieren.

Der wissenschaftliche Diskurs zum Beanspruchungs- und Regenerationsmanagement fokussiert im Kontext des ANS primär die kardiale autonome Kontrolle (z.B. Ruheherzfrequenz, Herzratenvariabilität (HRV), Heart-Rate-Recovery). Eine hohe HRV als Ausdruck erhöhter vagaler Aktivität ist z.B. mit guter kardialer Anpassungsfähigkeit assoziiert. Selektive Parameter der HRV können als Tool zur täglichen Trainingssteuerung oder im Mikrozyklus lohnend eingesetzt werden. Temporäre Fehlentwicklungen (nicht funktionelles Overreaching) sind durch Veränderungen kardialer autonomer Parameter in nächtlichen oder morgendlichen Ruheaktivität messbar, eine valide Diagnose spezifischer Beanspruchungszustände oder eines sportlichen Übertrainingszustands (Overtraining Syndrome) ist über kardiale Parameter allerdings nicht möglich. Ursache könnte u.a. die organspezifische (oder simplifizierte) Sichtweise der Funktionalität des ANS sein, bei der Parasympathikus (PNS) und Sympathikus (SNS) aufgrund ihrer physiologischen Wirkungen innerhalb eines Organs als „Antagonisten“ verstanden werden. Die hohe intra- und interindividuelle Variabilität der Parameter der HRV stellen eine weitere Herausforderung dar.

Unser Lösungsansatz ist die Betrachtung des ANS nicht im Sinne eines reinen, organspezifischen Antagonismus (z.B. nur kardial) sondern im Sinne eines funktionellen Synergismus unter zentraler Kontrolle. Anatomisch bilden kortikale, subkortikale sowie im Hirnstamm verortete Areale ein zentrales autonomes Netzwerk (CAN), dessen Funktionalität in direkter Beziehung mit physiologischen (z.B. kardiovaskuläre) und psychologischen Prozessen (z.B. Emotion) steht. Das CAN ist komplex verzweigt und koordiniert über Feedback- und Feedforward-Mechanismen Steuerungsprozesse im Körper, die u.a. zentral für regulative und damit regenerative Prozesse sind. Das CAN bietet damit den neurophysiologischen Rahmen für Gesundheit, Stress, Aufmerksamkeit und daraus resultierend Regeneration und Leistungsfähigkeit. Parasympathische Parameter der HRV supplementieren wir durch Parameter des SNS (z.B. elektrodermale Aktivität), wodurch ein enormes Potential zur multimodalen physiologischen Beschreibung von Ermüdung, suffizienter Regeneration und damit validem Beanspruchungsmanagement entsteht.

Sportassoziierte Concussions stellen eine häufige und schwerwiegende Verletzung des Gehirns dar. Die uneingeschränkte Wiederaufnahme des (Leistungs-)Sports dauert je nach individuellem Verlauf mindestens eine Woche. Objektive Biomarker fehlen. Ziel der Studie ist die Aktivität im autonomen Nervensystem hinsichtlich einer zukünftigen klinischen Nutzbarkeit als objektiver Biomarker zu beurteilen.
 

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Neurophysiologische Marker sind eine vielversprechende Ergänzung im klinischen und neuropschologischen Management von Concussions im Sport. Sie können einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung von Diagnostik, Verlaufskontrolle, Versorgung und Return to Performance-Prozess leisten, mit der Aussicht neben einem effizienten Verletzungsmanagement auch Langzeitfolgen zu reduzieren.

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Concussions bleiben zu oft unerkannt oder werden bagatellisiert mit nicht zu unterschätzenden Folgen für die Athleten. In einigen Publikationen wird bereits von einer stillen Epidemie gesprochen. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Verletzungsbild zeigt zusammen mit der klinischen Versorgungssituation, dass eine deutliche Abgrenzung von anderen Kopfverletzungen (v. a. mittelschweren und schweren SHT) notwendig ist, um eine der komplexesten Verletzungen im Sport klinisch erfolgreich zu managen.

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